Tag 31: Breckenridge – Fairplay
30.7. – Up and over Boreas Pass (56,9km)
Still und leise machen wir uns im fremden Haus ans Packen, denn wer will schon am Samstag Morgen von Gästen aus dem Schlaf geholt werden. So wird eine sonst sehr gesellige Wohnart zu etwas sehr unpersönlichem. Ohne überhaupt zu wissen wie unsere Gastgeber aussehen, fahrenwir früh Morgens weg in Richtung Stadtzentrum. Denn das Frühstück solls in rohen Mengen geben. Mein Platten-Anschlusstreffer zum 2:4, sorgt für etwas Verzögerung im gut durchdachten Plan. Glücklicherweise ist dieser im Teameffort schnell geflickt und wir lassen es uns bei Pancakes und Waffelnso richtig gut gehen. Nachd er Stärkung gehts Ende Stadt auf die Passstrasse, welche schon sehr bald an Höhe gewinnt. Anfänglich noch durch die Aussenbezirke Breckenridges, verlassen wir schon bald darauf die bewohnten Gebiete. Zum ersten Mal auf unserer Tour gehts im Anstieg über die 10’000 Fuss Marke. Auf der Schotterpiste, welche Anfangs des letzten Jahrhunderts noch die höchste Bahnlinie Amerikas war, gehts stetig leicht ansteigend dem Pass entgegen. Wieder verbirgt sich hinter all den Anstrengungen ein Tag voller Staunen und Bewunderung!
Seien es die Espen, welche regelrechte Tunnel über die Strasse spannen, hohe Steinfurchen, welche in den Fels geschlagen wurden, Aussichten auf Bergseen und gegenüberliegende Massive oder das einzigartige, bewaldete Hochland.
All dies versetzt uns laufend in Hochstimmung. Auch wenn meine linke Schulter (mit den Titanschrauben drin) alles daran setzt mir die Stimmung zu vermiesen. Die Schraube sticht mir mal wieder entsetzlich im Muskel rum und sorgt für üble Schmerz-Stösse. Glücklicherweise lenkt mich die Passstrasse genug davon ab, dass ich mit etwas Gefluche und eine Schmerztablette später wieder unbekümmert der 3500 MüM Marke entgegen fahre. Kurz vor Mittag ist es dann soweit, knapp unterhalb der Baumgrenze erreichen wir den höchsten Punkt der Strasse. Das obligate Pass-Selfie darf da natürlich nicht fehlen.
Auf der anderen Seite des Boreas Pass gehts auf einer viel schlechteren Strasse als bisher dem Kuhkaff Como entgegen. Wie der Aufstieg, versorgt uns auch die Abfahrt mit etlichen Fotosujets und schönen Erinnerungen. Auch wenn bei dem rasanten Tempo und der Anzahl Schlaglöcher die Augen besser auf die kommenden Meter der Strasse als auf die Aussicht gerichtet sind. Je mehr Höhenmeter wir verlieren, desto wärmer wird es wieder und gemischt mit dem starken Seitenwind zwischen Como und Fairplay, werden die letzten 15km nochmals zur Tortur. Auch weil der extrem stark befahrene Highway wieder sehr wenig Seitenstreifen und ein enormes Aufkommen von Arschlöchern hat. Ist es wirklich so schwer für ein Fahrrad abzubremsen, welches man schon aus über einem Kilometern sehen kann? Das Ganze entwickelt sich mal wieder zu russischem Roulett und wir sind überglücklich kurz nach 13 Uhr in Fairplay einzufahren und im Dorfzentrum ein Hotelzimmer zu finden. Die nette Inhaberin gewährt uns sogar einen «Fahrrad-Reise-Spezialdeal» und gibt uns einen grosszügigen Rabatt aufs Zimmer. Dass wir nur dank einer Stornierung noch ein Zimmer erhalten haben, erfahren wir erst später. Denn die Ortschaft ist rappelvoll – dieses Wochenende sind die «Burro-Days». Der Höhepunkt ist das Rennen am Sonntag bei dem jeder Läufer einen bepackten Esel mit im Schlepptau hat. Einmal auf eine Passhöhe und zurück – und es kommt gut und gerne mal vor, dass der Esel des Führenden kurz vor der Ziellinie den Streik antritt… Der Markt und die Essensstände im Dorf haben auch heute Samstag schon offen, also mischen wir uns unters Volk und verbringen den freien Nachmittag mit flanieren, ein paar Runden Billard in der Bar und schonwieder Wäsche waschen. Abends gibts beim Italiener ein gutes Znacht und zurück im Hotelzimmer haben wir Plätze in der ersten Reihe für das Konzert im angrenzenden Saloon. Dieses findet nämlich direkt unter uns statt und lässt an Qualität einiges an Spielraum offen. Bis der „Lärm“ vorüber ist, verbringen wir die Zeit mit Lesen, Tagebuch schreiben und mit der Tagesplanung für die nächsten Etappen.
Beatrice Hunziker
Diese Highway-Arschlöcher halten sich halt für was Besseres in ihren grossen Kisten!